Fotos: Nachlass Stephan von Huene, ZKM Karlsruhe
Fotos: Nachlass Stephan von Huene, ZKM Karlsruhe
Stephan von Huene hatte sich schon früh für die Kultur der Northwest Coast Indians und ihre geschnitzten Totem-Pfähle interessiert, die in den Zusammenhang traditioneller Zeremonien gehörten. Masken, Tierköpfe und -leiber sind hier, aus Holz skulpiert, übereinander getürmt. Dass von Huenes Orgelpfeifen-Skulpturen mit diesen Totems nicht nur eine gewisse in die Höhe strebende Ähnlichkeit haben, sondern die stummen, ausdrucksstarken Totems bei ihm durch die Töne auch in eine klingende, durch Alliteration beglaubigte Partnerschaft gerieten, gehörte zu von Huenes Konzept von Skulptur als Gesamtkunstwerk.
Die Tonmodifizierungen werden durch die Länge der Pfeifen gesteuert. Die Maße und Proportionen entsprechen der Tonhöhe. Die kleinen Pfeifen (Totem Tone II) bestehen aus einer multidirektionalen Tonserie, sie können in jeder beliebigen Reihenfolge spielen.
Die Skulptur benutzt zwei Mechanismen, um Ton und Tonhöhe zu verändern, nämlich eine bewegliche Klappe und eine bewegliche Oberlippe.
Töne und Tonhöhen werden durch bewegliche Lippen auf beiden Pfeifen verändert. Diese Oberlippen bewegen sich unabhängig voneinander, produzieren aber immer zusammenhängende akustische und tonale Effekte. Das erklärt sich aus den grundsätzlich gleich gestimmten Pfeifen und daraus, dass die Oberlippen nur Töne spielen, die aus der Struktur der Pfeifen kommen.
„Bei den Totem Tones kam die äußere Erscheinungsform nicht nur von der häuslichen, sondern der instrumentalen Architektur, von den Orgelpfeifen selber. Die Totem Tones verweisen außerdem auf Helmholtz, den Autor der „Lehre von den Tonempfindungen“, schließlich auch auf Dayton Miller, der mit Orgelpfeifen synthetische Vokale hergestellt hat.
Ich habe fünf Totem Tones gebaut. Sie bestehen aus je drei Orgelpfeifen, die durch den Luftstrom eines Staubsaugermotors zum Tönen gebracht werden. Jede Pfeife wechselt ihren Ton in einer anderen Weise: einmal, indem eine bewegliche obere Lippe den Pfeifenmund öffnet und schließt: eine andere, indem das Ende der Pfeife mit einem Deckel geschlossen wird: eine dritte, indem ein Loch in der Seite der Pfeife mit einem Ventil geöffnet und geschlossen wird.
Jede Pfeife verändert ihren Ton zusammen mit den Partnern, indem sie mit ihnen um einen nicht mehr ganz genügenden Anteil an Luft wetteifert. Andere Tonveränderungen ergeben sich einfach durch Kombination oder Nicht-Kombination von zusammen oder nebeneinander klingenden Tönen. Die ganze Arbeit ist durch zwei Opakbänder und Fotozellen programmiert. Klang und Umgebung sind voneinander so abhängig wie Musik und Aufführung, ich wollte sie deshalb nicht noch abhängiger voneinander machen.“
(S. v. H. in: Für Augen und Ohren. Von der Spieluhr zum akustischen Environment,
Ausst.-Kat. Berlin 1980, S. 143.)